Meinung

Saturn, 90er, PC-Abteilung: Gewinnspanne? Null!

Kunde kauft Computer. Erwartung: Monitor gratis dazu. Realität: Mauspad.

Und noch eine Erwartung: Einzelhändler verkauft Dinge für mehr als er selbst gezahlt hat, Differenz = Gewinn. Realität: Differenz = 0 - und der Einzelhändler macht dennoch Gewinn. Klingt falsch, war aber so. Irgendwie zumindest. Und nein, Du kannst es nicht auf Deinen 30-Quadratmeter-Plattenladen übertragen 😉

Zur Kolumne "Saturn, 90er, PC-Abteilung"

Computer in den 90ern waren teuer, ein brauchbares Modell hat schnell ein Monatsgehalt gekostet und war nach einem Jahr schon furchtbar überholt. Nicht selten kamen Kunden nach zwei Stunden Gespräch zu dem Schluss, den ersten Computer ihres Haushalts zu erwerben. Und dazu noch Maus, Tastatur, Kabel, Drucker, den ganzen Schmonsenz. Und am Ende kam natürlich immer der Basaar-Moment: "Was können wir denn am Preis machen?" Erstes Angebot der Kunden war tatsächlich nicht selten ein Gratis-Monitor.

Mein Gegenangebot: Mauspad. Oder gegebenenfalls das berühmte Druckerkabel. Reaktion: Entsetzen.

Ich habe einem Kunden mal versucht zu erklären, dass wir mit den Computern aus der lokalen Werbung keinen Gewinn machen. Was er mir aber mal so gar nicht abgenommen hat. Verständlich. Also habe ich den Abteilungscomputer angeworfen, den Eintrag im Warenwirtschaftssystem (WWS) hervor gepult und den Kunden draufgucken lassen. Reaktion: Offener Mund, große Augen 🙂 Da stand nämlich was von Minus soundsoviel Prozent Gewinn.

Verschenken verboten

Nun ist es natürlich verboten, Produkte quasi zu verschenken. Sonst könnte ein großer Laden wie Saturn ja schließlich sämtliche kleinere Konkurrenz einfach platttrampeln, ein Monopol aufbauen und dann entsprechend abkassieren.

Allerdings hat die Saturn-Zentrale natürlich auch ihre Ansprüche gehabt und in unserem WWS waren Preise hinterlegt, bei denen der Obulus an die Zentrale bereits eingepreist war. Insofern hat Saturn dann immer noch einen (geringen) Gewinn gemacht, die Filiale/der Franchise-Nehmer aber unter Umständen quasi keinen. Ich erwähnte es in einer früheren Episode: Wir haben Deutschlands Wohnzimmer digitalisiert - es ging um enorme Mengen!

Und Menge ist auch das Stichwort: Natürlich müssen auch Geschäftsführer und Mit-Eigentümerinnen einer Saturn-Filiale profitieren. Der Gewinn war im Bereich Neue Medien tatsächlich gering, im Bereich PC nahezu Null. Aber es gibt da ja noch den Umsatz! Und die Marktmacht. Mit der Marktmacht konnte man lange Zahlungsziele durchsetzen, sagen wir 90 Tage. Also hatte man 90 Tage Zeit, um das Geld zu investieren. Und wir reden hier von Umsätzen in Millardenhöhe!

Kurz gesagt: Wir bekamen quasi ständig von allen Lieferanten zinslose Darlehen mit einer Laufzeit von 90 Tagen und der Gewinn kam dann über sehr wohl bezinste Investitionen. Bei genügend Umsatz braucht man da kaum noch Gewinn durch Warenabgänge. Und ja, logisch, so funktionieren vermutlich alle großen Konzerne. Es heißt nicht umsonst Kapitalmarkt: Saturn & Co. vermarkten Kapital auf dem Kapitalmarkt genauso wie Computer-Mäuse im Elektronikmarkt.

Eigentlich merkwürdig, dass man Dinge nicht verschenken darf, damit kleinere Konkurrenz geschützt ist. Die Dinge aber sehr wohl so billig anbieten kann, dass man nicht mehr komplett auf die Gewinnspanne angewiesen ist, oder?

Egal, in der nächsten Folge geht es um something completely different, nämlich Handy-Verträge. Und für all die jungen Smartphone-Junks, die hier mitlesen (Hallo, Ihr beiden!): Das war früher ein ganz klein wenig anders als heute - Ihr hättet mir Eure kompletten Gehaltsabrechnungen vorlegen müssen!

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"